Lebenslauf von Rasool

Rasool stammt aus einem kleinen Bergdorf im oberen Braldo-Tal. Er arbeitete viele Jahre lang als Träger, später auch als Hochträger. Als solcher stand er auch am Gipfel des Gasherbrum II (8035 m).

Rasool stammt aus dem Dorf Kurphe im Braldo-Tal. Es liegt gegenüber von Askole, auf der anderen Seite des Braldo-Flusses. Wahrscheinlich wurde er im Jahr 1969 geboren, aber ganz sicher ist das nicht, denn damals wurden in den Bergdörfern Geburten nicht registriert. Er war das vierte Kind, vor ihm hatte die Mutter einen Jungen und zwei Mädchen auf die Welt gebracht, nach ihm kam noch ein Mädchen. Seinen Vater sah Rasool sehr selten, denn der war in einen Streit um Landrechte verwickelt, zog vor Gericht und lebte jahrelang in Skardu. Die Mutter musste sich also allein um die fünf Kinder und die Felder und Tiere kümmern.

Als Junge hütete Rasool die Schafe und Ziegen des Dorfes. Er brachte die Tiere am Morgen hinauf zu den Almweiden und am Abend wieder herunter. Er lief den ganzen Tag auf und ab, dadurch wurde er ziemlich fit. Als er 14 Jahre alt war, begann er, als Träger zu arbeiten. Obwohl er noch recht klein war, trug er 25 kg. Er fühlte sich stark und war stolz, nun für seine Familie Geld verdienen zu können. Außerdem fand er es wunderbar, am Abend zusammen mit den älteren Trägern um ein Feuer zu sitzen, bei chapati und namkin chai (gesalzener Buttertee), und deren Geschichten zu lauschen: von den merkwürdigen Verhaltensweisen der Ausländer, von Streits und Streiks, von Unfällen und Festen. Dieses erste Mal trug er Lasten für eine Expedition im Tal des Biafogletschers. Für die vier Tage bis zum Basislager betrug der Lohn für ihn und die anderen porters 200 Rupees (etwa 2 Euro).

Mehr als 12 Jahre lang ging er als porter, als er älter war manchmal auch als porter sardar (Aufseher der Träger), zu den Basislagern von K2, Gasherbrum I und II, Broad Peak, Trango Towers, Latok und Ogre, und wie die Berge des Baltoro- und Biafo-Gebiets alle heißen.

Er liebte diese Arbeit, sowohl als einfacher porter als auch als sardar. Er war gern in den Bergen unterwegs, und das Tragen der Lasten machte ihm nichts aus.

Damals hatten die Träger keinerlei Ausrüstung, keine Matten, keine Schlafsäcke, oft nicht einmal Decken. Trotz vieler Unannehmlichkeiten – Kälte, Nässe, wenig zu essen und zu trinken, schlechte Ausrüstung, schmerzhafte Druckstellen vom Tragen der Lasten und anderes mehr – war Rasool glücklich und genoss die Zeit mit den anderen Trägern. Man hatte immer großen Spaß zusammen. Es wurde gescherzt und gelacht und gesungen.

Als er einmal als porter mit einer Expedition unterwegs war, bemerkte der Expeditionsleiter, wie schnell und stark Rasool war. Er schlug vor, ihn als Hochträger einzusetzen. So kam es, dass er die nächsten Jahre als high altitude porter die Bergsteiger auf die ganz hohen Berge begleitete und für diese die Ausrüstung hinauf- und hinunterschleppte. Er fühlte sich nie richtig wohl dabei, denn Hochträger wird man in Baltistan nicht aus Freude am Bergsteigen, sondern aus Not. Kein Balti macht diesen Job gern, dafür ist er zu hart und vor allem zu gefährlich.

Hochträger sind die ersten, die nach Neuschneefällen losgehen und spuren und sich dadurch einer erhöhten Lawinengefahr aussetzen, und sie sind die letzten, die nach einer Gipfelbesteigung ins Lager kommen, weil sie auf das langsamste Mitglied ihrer Gruppe warten, so dass das Risiko von Erfrierungen für sie besonders hoch ist. Dazu kommt, dass ihre Ausrüstung nicht annähernd so gut ist wie der Höhenbergsteiger aus dem Ausland. Leider muss man auch sagen, dass etliche Bergsteiger

Im Jahr 2000 war Rasool für eine deutsche Expedition zum Gasherbrum II tätig. Barbara Hirschbichler war mit einer Schweizer Expedition am gleichen Berg unterwegs, und hier trafen sich die beiden zum ersten Mal. Sie standen gleichzeitig am Gipfel, aber dann trennten sich ihre Wege. Zwei Jahre später begegneten sie sich am Broad Peak wieder…

Rasool konnte nie eine Schule besuchen, denn als er ein Kind war, gab es im weiten Umkreis keine einzige Schule. Er hat sich im Lauf der Jahre selbst alle Fähigkeiten beigebracht, die man als Manager einer Hilfsorganisation braucht. Sein selbstloser Einsatz, seine Weitsicht und seine Integrität sind die Gründe für den Erfolg des Vereins.

Himalaya-Karakorum e.V.

Der als gemeinnützig anerkannte Verein unterstützt Menschen, die unter schwierigen Bedingungen in den Bergen des Himalaya und Karakorum leben, am Rand der Siedlungsgrenze und immer auch am Rand der Existenzgrenze. Den Dorfbewohnern soll das Überleben in ihrer angestammten Heimat erleichtert werden, und zwar nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. Vorrangiges Ziel ist es, dass unsere Hilfe in absehbarer Zeit nicht mehr nötig ist.

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